Prinzipielle Grenzen der Berechenbarkeit

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Inhaltsverzeichnis

Algorithmus

Definition


Ein Algorithmus ist eine Verarbeitungsvorschrift, die aus einer endlichen Folge von eindeutig ausführbaren Anweisungen besteht, die aus endlich vielen Eingabedaten endlich viele Ausgabedaten erzeugt und mit der man eine Vielzahl gleichartiger Aufgaben lösen kann.


Wie du sicher bemerkt hast, kommt in dieser Definition sehr oft der Begriff "endlich" vor. Dies wird später noch eine entscheidende Rolle spielen!

Wobei handelt es sich um einen Algorithmus? (Lösen einer quadratischen Gleichung) (!Auflistung aller Primzahlen) (Konstruieren eines Kreises durch 3 Punkte, die nicht auf einer Gerade liegen) (Wechseln eines Autoreifens) (!Schreiben einer Eins in der Schulaufgabe)


Gödelisierung

Wir versuchen jetzt Hilfe von der Mathematik zu erhalten. Dazu wandelt man Probleme in eine Form um, die es erlaubt, Wissen über Abbildungen innerhalb der natürlichen Zahlen zu benutzen. Um dies zu erreichen, wandelt man die Ein- und Ausgabedaten in natürliche Zahlen um. Dies kann mehr oder minder geschickt erfolgen. Kurt Gödel hat sich mit solchen Fragestellungen beschäftigt, weshalb man entsprechende Verfahren Gödelisierungen nennt.


  Aufgabe   Stift.gif

Die 26 Buchstaben des Alphabets werden mit den Zahlen 1 bis 26 kodiert. Damit könnte man ein geschriebenes Wort als Zahl schreiben. Dekodiere die Zahl "26235945212097"! Welche Buchstabenfolge erhält man nach dem Dekodieren?

Möglichkeiten für das dekodierte Wort sind z.B.: ZWEIDEUTIG oder BFBCEIDEBATIG oder ...


  Aufgabe   Stift.gif

Nun werden die 26 Buchstaben des Alphabets mit den Zahlen 01 bis 26 kodiert. Schreibt man die kodierten Buchstaben hintereinander, so erhält man eine Zahl. Dekodiere die Zahl 26230509060512121519.

Das dekodierte Wort lautet: ZWEIFELLOS


  Aufgabe   Stift.gif

Nun werden die 26 Buchstaben des Alphabets wie folgt kodiert: Den 26 Buchstaben des Alphabets wird jeweils eine eindeutige Zahl zwischen 1 und 26 zugeordnet. Ein Wort wird nun mit fortlaufenden Primzahlpotenzen kodiert, also wenn a die Zahl 1, b die Zahl 2, c die Zahl 3 zugeordnet wird, dann wird das Wort abbca wie folgt kodiert:

  • a ist der erste Buchstabe des Wortes und 2 die erste Primzahl. Also wird das a mit 2^1=2 kodiert.
  • b ist der zweite Buchstabe des Wortes und 3 die zweite Primzahl. Also wird das b mit 3^2=9 kodiert.
  • b ist der dritte Buchstabe des Wortes und 5 die dritte Primzahl. Also wird dieses b mit 5^2=25 kodiert.
  • c ist der vierte Buchstabe des Wortes und 7 die vierte Primzahl. Also wird das c mit 7^3=343 kodiert.
  • a ist der fünfte Buchstabe des Wortes und 11 die fünfte Primzahl. Also wird dieses a mit 11^1=11 kodiert.

Multipliziert man diese Zahlen miteinander, erhält man die Zahl 2\cdot 9\cdot 25\cdot 343\cdot 11=1697850. Da die Primfaktorzerlegung eindeutig ist, wenn man die Primzahlpotenzen aufsteigend ordnet, kann man aus jeder Zahl das zugehörige Wort erzeugen. Welche Buchstabenfolge erhält man, wenn man die Zahl  2^9\cdot 3^{14}\cdot 5^6\cdot 7^{15}\cdot 11^{18}\cdot 13^{13}\cdot 17^{1}\cdot 19^{20}\cdot 23^9\cdot 29^{11} dekodiert?

Das dekodierte Wort lautet: INFORMATIK.

Diese Art der Kodierung ist eher von theoretischer Bedeutung, weil man sehr schnell extrem große Zahlen erhält. Das obige Beispiel ergäbe ausmultipliziert 4295755033035330312782822373101172263241726791467766561298496119787168861226939162111091690789226678438109832000000 (eine 115-stellige Zahl). Es ist auch ziemlich aufwändig diese Zahlen in Primfaktoren zu zerlegen. Aus diesem Grund sind große Primzahlen für die Verschlüsselungstechnik so wichtig.



Mit der Gödelisierung lassen sich beliebige Ein- und Ausgaben in natürliche Zahlen umwandeln und umgekehrt. Diese Vorgehensweise wird häufig in der theoretischen Informatik verwendet, da sich Algorithmen dadurch als Funktionen über den natürlichen Zahlen abbilden lassen. Zur Umwandlung existieren verschiedenste Verfahren.

Definition


Eine Gödelisierung ist eine Abbildung g von der Menge der Ein- und Ausgaben M eines Algorithmus in die Menge der natürlichen Zahlen \mathbb{N}: g: M \rightarrow \mathbb{N}. Die Abbildung muss dabei noch drei Bedingungen erfüllen:

  • g muss injektiv sein, d.h. jede natürliche Zahl darf höchstens das Bild von einem Programm sein; aber nicht jede natürliche Zahl muss auch ein Programm sein HaeufgloecknerInjektiv.png
  • Die Bildmenge muss entscheidbar sein, es muss also einen Algorithmus geben, der Ja ausgibt, wenn die Zahl einem Programm entspricht und Nein, wenn es sich um kein Programm handelt.
  • Die Umkehrfunktion g^{-1} muss berechenbar sein, d.h. man muss aus der natürlichen Zahl auch wieder das Programm bekommen können.
Funktionsweise der Gödelisierung


Welches der obigen Verfahren eignet sich für eine Gödelisierung? (!Kodierung mit Zahlen 1 bis 26) (Kodierung mit Zahlen 01 bis 26) (Kodierung mit Primzahlpotenzen)(!Keines der Verfahren)

Durch die Hilfe der Gödelisierung kann man also jeden Algorithmus als eine Abbildung von einer natürlichen Zahl auf eine andere ansehen.

Wie viele Algorithmen gibt es?

Wie bei der Definition des Begriffes Algorithmus bereits erwähnt wurde, ist der Begriff der Endlichkeit von großer Bedeutung. Da ein Algorithmus eine endliche Folge von Anweisungen ist, besteht ein Algorithmus auch nur aus endlich vielen Zeichen. Mit der oben beschriebenen Gödelisierung lässt sich also jeder Algorithmus auch als eine natürliche Zahl auffassen. Weil dann die Menge aller Algorithmen eine Teilmenge der natürlichen Zahlen ist, sind die Algorithmen abzählbar.

Durch die Gödelisierung kann man die Algorithmen als Funktionen natürlicher Zahlen ansehen. Wir schreiben die Algorithmen und die möglichen Eingaben als eine unendlich große zweidimensionale Tabelle auf. An der Seite werden die Algorithmen bzw. die Funktionen und als Spaltenüberschriften werden die möglichen Eingaben angetragen:

1 2 3 4 5 ...
f_1 f_1(1) f_1(2) f_1(3) f_1(4) f_1(5) ...
f_2 f_1(1) f_1(2) f_2(3) f_2(4) f_2(5) ...
f_3 f_3(1) f_3(2) f_3(3) f_3(4) f_3(5) ...
f_4 f_4(1) f_4(2) f_4(3) f_4(4) f_4(5) ...
f_5 f_5(1) f_5(2) f_5(3) f_5(4) f_5(5) ...
... ... ... ... ... ... ...

Diese Tabelle enthält alle Funktionen/Algorithmen. In der ersten Zeile stehen alle Funktionswerte der Funktion f_1, in der zweiten Zeile stehen alle Funktionswerte der Funktion f_2 usw.

Wir definieren uns nun eine Funktion g wie folgt:

g(n)=f_n(n)+1

Diese Funktion ist offensichtlich berechenbar, also müsste sie irgendwo in der Folge f_1,f_2,f_3,... vorkommen. Diese Funktion unterscheidet sich aber von jeder anderen Funktion in der Tabelle. Dies ist offensichtlich ein Widerspruch dazu, dass in der Tabelle alle berechenbaren Funktionen enthalten sind.

Nuvola apps kig.png   Merke
  • Es gibt arithmetische Funktionen, die nicht berechenbar sind.
  • Es gibt überabzählbar viele arithmetische Funktionen, von denen aber nur abzählbar viele berechenbar sind.
  • Im Vergleich dazu, was ein Computer nicht kann, ist das, was er kann vernachlässigbar.

Beispiele für Probleme, die nicht algorithmisch lösbar sind:

  • Fermatsche Vermutung: Es gibt keine natürlichen Zahlen n\geq 3, für die positive ganze Zahlen x,y,z existieren mit x^n+y^n=z^n. Erst 1994 konnte Andrew Wiles diese Vermutung mit einem 100seitigen Beweis bestätigen.
  • Goldbachsche Vermutung: Jede gerade Zahl n\geq4 lässt sich als Summe von zwei Primzahlen darstellen. Diese Vermutung konnte bis heute weder bewiesen noch widerlegt werden.
  • Gibt es unendliche viele Primzahlzwilligen (zwei Primzahlen, die eine Differenz von 2 haben)? Diese Frage konnte bis heute nicht entschieden werden.

Turing-Maschine

Bisher haben wir uns bei der Programmierung von Algorithmen immer auf eine Programmiersprache beschränkt (Java, C, C++, C#, VisualBasic, Pascal,...). Nun stellt sich die Frage, ob die eine Programmiersprache mehr kann als die andere.

Der englische Mathematiker Alan Turing hat dazu mit seinem Modell der Turingmaschine einen entscheidenden Teil dazu beigetragen. Er entwickelte dazu ein mathematisches Modell, das das systematische Vorgehen des Menschen z.B. bei der Addition nachbildet. Man benötigt dazu einen Bleistift, ein Rechenblatt und einen Radiergummi. Auf dem Rechenblatt werden die Rechnungen sowie alle Rechenergebnisse aufgeschrieben. Mit dem Bleistift kann man Zeichen auf das Blatt schreiben und mit dem Radiergummi auch wieder löschen. Die Aktion die man ausführt hängt nur von den endlich vielen Zeichen auf dem Rechenblatt ab. Die Berechnung selbst wird durch eine Berechnungsvorschrift gesteuert.

Die Turingmaschine besteht deswegen aus folgenden Komponenten:

  • einem unendlich langen Speicherband mit unendlich vielen Feldern. In jedem dieser Felder ist genau ein Zeichen gespeichert. Dabei ist als Zeichen ein Blanksymbol (Leerzeichen) zugelassen, was so viel bedeutet wie „leeres Feld“. Das Blanksymbol gehört nicht zu der Menge der Eingabezeichen. Zur Vereinfachung der Vorstellung kann man auch ein endliches Band vorstellen. Dieses muss dann aber lang genug sein, damit die Berechnungen ausgeführt werden können.
  • einem Schreib-/Lesekopf
  • einem internen Zustand

Je nach Zustand, in dem sich die Turing-Maschine befindet, kann sie ein Zeichen auf das Band schreiben, den Schreib-/Lesekopf um ein Feld nach links oder rechts bewegen und den internen Zustand ändern.

Turingmaschine

Eine Turing-Maschine lässt sich formal folgendermaßen Beschreiben:

Definition


Eine Turingmaschine ist gegeben durch (Z,\Sigma,\Gamma,z_0,\Box,Z_e,f) mit

  • einer endliche Zustandsmenge Z
  • einer endliche Menge an Eingabezeichen \Sigma
  • einer Menge an zulässigen Bandzeichen \Gamma\supseteq \Sigma
  • einem Startzustand z_0
  • dem Blank-Symbol \Box
  • einer Megne an Endzuständen Z_e\subset Z
  • einer Überführungsfunktion Z\backslash Z_e \times \Gamma \rightarrow Z \times \Gamma \times \{L,R,0\} (L = Schreib-/Lesekopfbewegung nach links, R = Schreib-/Lesekopfbewegung nach rechts, 0 = keine Schreib-/Lesekopfbewegung)


Hier findet ihr noch eine Turing-Maschine als Java-Applet:

Turingmaschinen-Applet

(Quelle: [1]. Dort findet sich auch eine Dokumentation)


Beispieleprogramme für das Applet (diese müssen erst heruntergeladen werden und können dann im Applet geöffnet werden):

Churchsche These

Entscheidbarkeit

Berechenbarkeit

Fleißige Biber

Halte-Problem

  Aufgabe   Stift.gif

Die Schüler der Kollegstufe besuchen n verschiedene Kurse. Jeder Kurs findet einmal pro Woche statt. Belegt ein Schüler zwei Kurse, so dürfen diese nicht gleichzeitig stattfinden. Kann man mit k verschiedenen Terminen auskommen? Erstelle hierzu eine Graphen, wobei ein Knoten einem Kurs entspricht. Zwei Knoten werden genau dann miteinander verbunden, wenn ein Schüler die beiden entsprechenden Kurse besucht. Man kann die Aufgabe als sogenanntes k-Farbproblem auffassen.


Kontrollfragen

Warum Gödelisierung?